Ökonomische Impulse für die Wohnungswirtschaft – Teil 9: Mietpreisbremse 2.0
4 Okt
Über ein Jahr gilt sie bereits, die Mietpreisbremse. Zeit für ein erstes Fazit. Hierfür nimmt BBT-Berater Thomas Lehmann die Erreichung der Ziele, die Funktionsfähigkeit und die Treffsicherheit des viel diskutierten Instruments unter die Lupe.
Zweifelhafte Wirkungskraft
Schlagzeilen wie: „Aus der Bremse ist ein Turbo geworden“1 stellen die Wirkungskraft der Mietpreisbremse häufig in Frage. Die in den Ballungsräumen vorherrschende Marktknappheit im Zusammenspiel mit mangelnder Transparenz für die Mieter liefert bislang keine wirklichen Belege für eine Bremswirkung. Das Transparenzdefizit der Mieter gründet sich auf den Wissensvorsprung des Vermieters über die Miethöhe des ehemaligen Mietvertrages. Darüber hinaus wird die Transparenz dadurch erschwert, dass vermehrt möblierte Wohnungen inseriert und hochpreisig vermietet2 werden. Je angespannter der Wohnungsmarkt ist, umso schwerer ist es, das Gleichgewicht zwischen Mietern und Vermietern wieder herzustellen. Die Umgehungsmöglichkeiten der Mietpreisbremse sind vielfältig, und der Druck auf die Vermieter ist gering.
Der Mietspiegel steht im Fokus
Durch die Mietpreisbremse erhält der Mietspiegel eine zentrale Aufgabe als Orientierungsgröße. Jedoch werden ihm neben der fehlenden Marktspiegelung oft handwerkliche (statistische) Fehler angekreidet.
Besonders häufig stehen Tabellenmietspiegel in der Kritik. Hier werden statistische Werte bemängelt, wie z. B.:
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sprunghafte Mieten zwischen den Klassen (z. B. Wohnungsgröße)
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unsaubere Extremwertbereinigung bei zweistufiger Aufstellung (1. Stufe: Tabelle 2. Stufe: Ausstattungsmerkmale)
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oft keine Berücksichtigung der Makrolage (z. B. gelten die gleichen Wohnlagen für innerstädtische Bezirke und für Randlagen)3
Verzerrtes Mobilitäts- und Umzugsverhalten
Interessant ist darüber hinaus die These einer verzerrenden Wirkung des Mobilitäts- bzw. Umzugsverhaltens. So führt das Bremsen des Mietenanstieges in knappen innerstädtischen Lagen dazu, dass eben diese Lagen noch attraktiver werden und die Nachfrage dort umso mehr steigt. In regulierungsfreien Märkten würde der Kostenanstieg den Anreiz zugunsten des Umlandes und ländlicher Regionen steuern und so für einen Ausgleich sorgen.4
Es wird weiter gebaut – besonders im Eigentumssektor
Aktuell wird vielfach betont, dass die Mietpreisbremse keineswegs – wie ursprünglich befürchtet – die Bautätigkeit negativ beeinflusst. Auf den ersten Blick scheint dies zu stimmen. Insbesondere in Berlin steigt die Zahl der Baugenehmigungen und -fertigstellungen stetig. Auf den zweiten Blick ist allerdings zu sehen, dass dieser Zuwachs an neuen Wohnungen vermehrt im Eigentumsbereich stattfindet und weniger im Mietwohnungsbereich mit erschwinglichen Erstbezugsmieten.5
1 Rohrbeck, F., Wohnungsnot: Macht euch unbeliebt, DIE ZEIT 25/2016.
2 empirica ag, Möblierte Wohnungen in den Top 7-Städten, 2016.
3 Vgl. Kauermann, G. – LMU München, Berliner Mietspiegel aus statistischer Sicht, Vortrag 14.07.2016 an der Freien Universität Berlin.
4 Vgl. Hiller, N. und Gröbel, S., Regionale Differgenz – die Mietpreisbremse und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, in: Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, Ausgabe 11/2015.
5 Vgl. Holm, A., Sozialer Wohnraumversorgungsbedarf in Berlin, 2016.
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