Portfoliomanagement: Gibt es das perfekte Scoring- und Bewertungsmodell?
4 Okt
Wer ein Portfoliomanagement einführt, benötigt ein Portfoliobewertungsmodell. Um ein Scoring- und Bewertungsmodell für die Portfoliomanagementanalyse zu erstellen, sind diverse Fragen zu klären, wie etwa: Was sind die Ziele vom Portfoliomanagement? Welche Kriterien nutze ich? Wie hoch ist der Erfassungs- und Pflegeaufwand der Objektbewertung? Wie gewichte ich das Bewertungs- und Scoringmodell?
Im Folgenden haben wir die wesentlichen Eckpunkte eines Bewertungsmodells zusammengetragen und gehen der Frage nach: Gibt es überhaupt das allgemeingültige, perfekte Bewertungsmodell?
Drei wesentliche Bereiche bestimmen das Bewertungsmodell
Unsere Praxiserfahrungen decken sich mit der in der Fachliteratur üblichen Gliederung in drei Bewertungsbereiche: die Objektqualität, die Standortattraktivität, den Vermietungserfolg.
· Die Objektqualität umfasst den Zustand und die Ausstattung/Struktur von Gebäude und Wohnung/Mieteinheit.
Für den Zustand des Gebäudes kommen als Bewertungskriterien etwa Hauseingang, Treppenhaus, Fenster, Fassade, Dach, Keller, energetischer Zustand und die Haustechnik in Frage. Auf der Ebene der Mieteinheit wird häufig der Zustand der Sanitäreinheit, der Küche, der Elektrik, von Fußboden und Wänden bewertet.
Die Bewertung der Ausstattung/Struktur ergänzt in der Regel die Zustandsangaben. Kriterien sind hier beispielsweise ein niveaufreier Zugang zu Gebäude bzw. Wohnung, Vorhandensein von Aufzug, Balkon, Fenster im Bad, Bewertung des Grundrisses, Art der Wärmedämmung sowie die Heizungsart.
Neben dem technischen Blick (überwiegend Zustand) und den vermietungsrelevanten Eigenschaften (Ausstattung/Struktur) soll aber auch das Risiko von Investitionen erfasst werden. Hier eignet sich zum Beispiel die Erfassung des Jahres der Sanierung und die Nutzungsdauer der zu bewertenden Gewerke. Anhand der zu berechnenden Restnutzungsdauer kann der wahrscheinliche Zeitpunkt für eine erforderliche Investition je Gewerk bestimmt werden.
Zusätzlich oder ergänzend kann die Nutzung von technischen Bewertungssystemen wie epiqr5 oder mevivo sinnvoll sein, da in diesen Fällen keine zusätzliche Bewertung der Zustände erforderlich ist.
Je nach Fragestellung und Ziel des Unternehmens sollten auch rechtliche Bindungen des Objekts (z. B. Denkmal, Förderung, Lasten und Pflichten, Bebauungspotenziale bzw. Hemmnisse) im Portfoliobewertungsmodell integriert werden.
· Die Standortattraktivität beinhaltet Lagefaktoren, die den direkten Standort beschreiben, aber auch die Mieter- und Sozialstruktur sowie die Marktsituation. Die Marktsituation wiederum gliedert sich räumlich in die lokale Marktsituation und die überörtliche Marktsituation (Makrolage).
Die Lagefaktoren beziehen sich auf die Ausstattung des Wohnquartiers mit Einrichtungen der Nahversorgung, für Bildung, Kultur, Grün- und Freiflächen sowie der Verkehrsinfrastruktur. Hier ist auch das städtebauliche Image (Bebauungsstruktur, Denkmal) zu berücksichtigen.
Zur Mieter- und Sozialstruktur gehören neben sozialem Image und Kaufkraft/Einkommen auch Probleme und Risiken der Mieterschaft.
Die Marktsituation beinhaltet die Marktmiete (incl. Mietspiegelmiete), Leerstand und Prognosen zur Bevölkerungs- und Haushaltsentwicklung sowie der immobilienwirtschaftlichen Veränderungen im Umfeld (Baumaßnahmen, Neubau, Abriss/Rückbau u. ä.).
· Der Vermietungserfolg wird maßgeblich von der Objektqualität und der Standortattraktivität beeinflusst. Er wird gemessen in Ergebniskennzahlen, wie z. B. : Hausbewirtschaftungsergebnis, Deckungsbeitrag bzw. Cash-Flow-Ergebnis, Renditekennzahlen, aber auch Wertkennzahlen (Ertragswert, DCF-Wert) oder Abweichungen von Benchmarks des Unternehmens oder aus Konkurrenzsicht (z.B. Leerstand, Miete, laufende Instandhaltung, Betriebskosten).
Worauf zu achten ist
Ein wichtiger Gliederungspunkt für die Analyse und spätere Strategieentwicklung sind Eigenschaften, die die aktive Veränderung bzw. Einflussnahme auf die Bewertungskriterien betreffen. So lässt sich über die Investitionstätigkeit direkt Einfluss auf das Gebäude (Zustand, Ausstattung) nehmen. Auch können Unternehmen den Vermietungserfolg verändern, z. B. durch Mietanpassungen, Steuerung der Investitionen/der laufenden Instandhaltung oder vermietungsfördernde Maßnahmen.
Geringen Einfluss hat ein Immobilienunternehmen in der Regel auf die Standortattraktivität, insbesondere auf seine Lageeigenschaften.
Die Makrolage ist für Unternehmen zu berücksichtigen, die Objekte in mehreren Städten und Gemeinden besitzt.
Unser Fazit
Unsere für diesen Aufsatz vorgenommene Untersuchung einzelner Bewertungsmodelle zeigt, dass alle Konzepte sich zunächst in die vorgestellten Bereiche „Objektqualität“, „Standortattraktivität“ und „Vermietungserfolg“ gliedern. In den nachfolgenden Ebenen und der Erfassungstiefe streuen die Portfoliomodelle teils stark. Daher ist eine Vergleichbarkeit der Modelle und der Immobilien nicht gegeben, und auch ein allgemeingültiges, optimales Scoring- und Bewertungsmodell gibt es nicht. Nichtsdestotrotz stimmen die Inhalte und das generelle Vorgehen vieler Unternehmen bei ihren Bewertungsmodellen überein.
Ein Blick in die Unternehmenspraxis
Der Umfang der Kriterien ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Die Spanne schwankt zwischen 20 und 110 Bewertungskriterien.
Zur Vorgehensweise: Das Rad muss nicht neu erfunden werden!
Als erstes gilt es, sich über das Ziel des Portfoliomanagements klar zu werden. Denn das Scoring- und Bewertungsmodell soll auf dem Weg dorthin fundierte Antworten liefern und ist Grundlage für strategische Entscheidungen.
Es ist sinnvoll, in den Workshops zur Entwicklung des Scoring- und Bewertungsmodells Ansprechpartner aus allen Teams und Abteilungen einzubinden, die Wissen über die gepflegten Immobiliendaten haben. Denn viele Informationen sind in den Immobilienunternehmen schon vorhanden. Sie müssen oft nur richtig zugeordnet und analysiert oder gegebenenfalls aktualisiert werden. Die Beteiligung aller Teams dient auch der Akzeptanz des Portfoliomanagements im Unternehmen.
In den folgenden Newslettern werden wir Ihnen weitere Themenbereiche des Portfoliomanagements näher vorstellen. Im Oktober erläutern wir die Portfoliostrategien.
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