TÜV Rheinland: Beim vorsorgenden Gesundheitsschutz in Gebäuden keine Abstriche machen
10 Aug
Umweltbundesamt kritisiert neues EuGH-Urteil zur Zulassung von Baustoffen / Nationale Kontrollen nicht mehr erlaubt / TÜV Rheinland rät zu unabhängig geprüften Bauprodukten und geprüften Gebäuden
Verschlechtern sich in den kommenden Jahren in Deutschland die Anforderungen an den vorsorgenden Gesundheitsschutz in Gebäuden? Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgt für Unverständnis, denn es erlaubt der Bundesrepublik Deutschland künftig nicht mehr, an Bauprodukte national höhere Anforderungen zum Schutz der Gesundheit zu stellen. Diese Neuregelung hat aktuell das Umweltbundesamt (UBA) „zu einer Warnung vor möglichen Gesundheitsrisiken für Mensch und Umwelt bei der Nutzung von Gebäuden durch nicht ausreichende europäische Standards veranlasst“.
Nationale Kontrollen nicht mehr erlaubt
Bis Ende 2016 mussten sich zahlreiche Baustoffe bei ihrer Zulassung den strengen nationalen Kontrollen des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) stellen. Positiv getestete Produkte waren dabei am „Ü“-Zeichen (Ü für Übereinstimmung) zu erkennen. „Insbesondere an flüchtige organische Verbindungen, die beispielsweise aus Fußbodenklebern oder Fußbodenbelägen ausgasen können, stellte die nationale Regelung einen sinnvollen Schutz für die Gesundheit der Endverbraucher und Immobiliennutzer dar“, erklärt Dr. Walter Dormagen, Leiter Gefahrstoffe und Mikrobiologie bei TÜV Rheinland. „Die Neuregelung basiert weitgehend auf der bekannten CE-Kennzeichnung, die eine Konformitätserklärung durch den Hersteller oder Importeur verlangt. Für das Umweltbundesamt geht diese Regelung aber nicht weit genug, da sie gerade bei den leichtflüchtigen Stoffen, wie zum Beispiel Lösemitteln, noch keine Hürden für Baustoffe vorsieht. Da die Mühlen der europäischen Gesetzgebung langsam mahlen, ist davon auszugehen, dass die sich aktuell auftuende Schutzlücke fünf bis zehn Jahre Bestand hat.“ Und so führt das EuGH-Urteil schon jetzt bei vielen Marktteilnehmern, von Herstellern bis Handel, zu einer spürbaren Verunsicherung. „Und das in einer Phase, wo Gesundheit in Immobilien einer der Megatrends der Baubranche werden kann. Denn nicht nur in Schulen, öffentlichen Bauten und Gewerbe-Immobilien bekommt das Thema Schadstoffe einen höheren Stellenwert. Auch immer mehr Bauherren, Bauunternehmen und die Fertighausbranche achten auf die Verwendung unbedenklicher und geprüfter Baustoffe, um die Gefahr von Allergien und typischen Erkrankungen auszuschließen. Für mehr Orientierung haben wir auch eine der weltweit größten Baustoff-Datenbanken aufgebaut, in der private und öffentliche Bauherren sowie Bauprofis getestete Baustoffe und Baustoffsysteme finden können. Ein aktiver Beitrag zu gesünderen Gebäuden.“, erklärt Peter Bachmann, Geschäftsführer des Sentinel Haus Instituts in Freiburg. TÜV Rheinland und das Sentinel Haus Institut haben daher eine Kooperation gestartet, die das Ziel hat, das gesündere Bauen und Modernisieren zu fördern und Unternehmen wie Investoren und Behörden gleichermaßen Orientierung für Materialien, Planungsaspekte und bauliche Prozesse zu bieten.
TÜV Rheinland rät zu unabhängig getesteten Baustoffen und Gebäuden
Über ein aktuelles Untersuchungsprogramm des TÜV Rheinland in 650 Einfamilienhäusern in Kooperation mit dem Sentinel Haus Institut wurde kürzlich festgestellt, dass Eigenleistungen der Bauherren in ihren Bauprojekten zu einem großen Prozentsatz zu hohen und bedenklichen Schadstoffkonzentrationen führen. Letztlich lassen sich schädliche Ausdünstungen in Wohn- und Arbeitsräumen nur verhindern, wenn neben der richtigen Vorgehensweise durch Planer und Handwerker, beim Bauen, Renovieren und Einrichten vor allem schadstoffarme Materialien zum Einsatz kommen. Auch als „ökologisch“ deklarierte Produkte sind nicht zwangsläufig schadstoffarm. Orientierung für schadstoffarmes Bauen bieten anerkannte Produkt-Kennzeichen wie der Blaue Engel, das EU Ecolabel oder die TÜV Rheinland Prüfzeichen „Schadstoffgeprüft“, „Emissionsgeprüft“ und „Allergiker geeignet“. Diese werden für Baustoffe, aber auch Heimtextilien, Spielzeuge und sogar ganze Gebäude vergeben.
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